Welt-Erste-Hilfe-Tag: Übung für die Ersthelfer von Morgen
Der internationale Tag der Ersten Hilfe am 10. September stand ganz unter dem Motto „Erste Hilfe für Kinder und von Kindern“. Im gesamten Bundesgebiet gab es DRK-Veranstaltungen für Kinder, Eltern und Familien. In Berlin standen die Jüngsten vor allem als Ersthelfer im Mittelpunkt und konnten sich zum Beispiel im Bärenhospital ausprobieren.
„Hallo, ich bin Hans, mein Freund hat sich das Bein gebrochen“, spricht ein neunjähriger Junge ins Telefon. Er tätschelt seinen Freund – einen Teddy so groß wie ein Kleinkind – und beantwortet die Fragen, die ihm der Rettungssanitäter am anderen Ende der Leitung stellt: Ja, Bruno ist ansprechbar. Niemand anders ist verletzt. Wir sind am Potsdamer Platz. Hans ist heute Ersthelfer im DRK-Bärenhospital, das hier anlässlich des Welt-Erste-Hilfe-Tages aufgebaut wurde.
Bärenhospital: Kleine Ersthelfer im Einsatz
Das Bärenhospital soll helfen, Kinder an das wichtige Thema Erste Hilfe heranzuführen. „Natürlich kann man Kinder nicht mit dem Erste-Hilfe-Material für Erwachsene begeistern“, sagt Erik Heeren, Leiter des JRK im niedersächsischen Hinte und Chefarzt des Bärenhospitals. „Wir machen das spielerisch und konzentrieren uns auf wichtige Bereiche: Wenn ein Kind zum Beispiel den Notruf kann, ist das ja schon mal toll.“ Deshalb können sich die Kinder an sieben Stationen spielerisch mit der Ersthilfe auseinandersetzen: am Unfallort, beim Notruf, im Krankenwagen und beim Krankentransport, im Krankenhaus und an der Malstation. Heute gibt es zusätzlich Wiederbelebungsübungen und einen Infostand mit Glücksrad von Hansaplast als DRK-Partner für die Verbreitung von Erste-Hilfe-Kenntnissen im Alltag.
Als Hans alle wichtigen Fragen beantwortet hat, darf er zeigen, was er kann: Im Krankenwagen verarztet er seinen neuen Freund. Mit gezielten Fragen und Hinweisen hilft ihm ein junger Mann vom Jugendrotkreuz. Vorsichtig passt Hans dem Teddy eine Schiene an, verbindet das Bein und stellt es so ruhig. „Bleibt der Verband für immer dran?“, fragt Hans´ kleiner Bruder Otto. „Nein, nur bis das Bein wieder verheilt ist“, antwortet der große Bruder. Sie prüfen die Atmung und decken den Teddy behutsam zu, bevor sie den plüschigen Patienten auf der Trage aus dem Krankenwagen rollen und zur nächsten Station bringen – dem Krankenhaus, wo Bruno eingehend untersucht werden kann.
Wiederbelebung: Prüfen, Rufen, Drücken
Auch Fiona ist im Krankenhaus, die Elfjährige legt heute zum ersten Mal einen Verband an. Die DRK-Helfer staunen, so geschickt wickelt sie Lage um Lage um das Bein des Teddys. Bestärkt verbindet Fiona auch Brunos Kopf und holt schließlich ihren Kuschelelch aus der Tasche, der ebenso medizinische Hilfe braucht. Doch damit nicht genug: Fiona möchte auch wissen, wie man einen Menschen wiederbelebt.
Kinder und Jugendliche an die Wiederbelebung heranzuführen, hält der Lehrer und Rettungssanitäter Jovin Bürchner für unverzichtbar: „Sie können einen Wandel herbeiführen, denn viele Erwachsene fangen aus Angst oder Ekel gar nicht erst an, einen Menschen wiederzubeleben. Kinder haben solche Ängste nicht.“ Helfen müsse reflexartig sein, sagt Bürchner. „Schließlich verliert ein reanimationspflichtiger Mensch in jeder Minute, die ohne Hilfe verstreicht, zehn Prozent seiner Überlebenswahrscheinlichkeit.“ Aus diesem Grund setzt sich das DRK dafür ein, dass die Wiederbelebung in den Regelunterricht aufgenommen und Erste Hilfe für Kinder so selbstverständlich wird.
In einem Pavillon mit Matten und Übungspuppen erfährt Fiona deshalb von Jovin Bürchner die Schritte zur Wiederbelebung: Bewusstsein und Atmung prüfen, den Notruf absetzen und die Herzdruckmassage durchführen. „Senkrecht mit durchgestreckten Armen von oben drücken“, lautet sein Tipp. So habe sie genügend Kraft. Auch für den Notruf hat er eine Eselsbrücke: Er streckt erst den linken Daumen nach vorn – „Eins“ – dann den rechten –„ Eins“. Zum Schluss führt er beide Daumen zusammen – „Zwei“.
Kinder von heute sind die Lebensretter von Morgen
Nach seinem Einsatz mustert Hans neugierig den Rettungswagen. Wozu ist der Tropf und wohin führen die Beatmungsschläuche? Das Gerät zur Messung des Blutsauerstoffs hat es ihm besonders angetan. Gespannt steckt er sich den Clip auf den Finger und testet, wie sein Blutsauerstoff sich verändert, wenn er sich bewegt oder seine Nase zuhält. Hans´ Neugier ist geweckt und auch Fiona traut sich jetzt zu, kleinere Verbände selbst anzulegen. „Eigentlich wollte ich mal Arzt werden, aber jetzt will ich später Lehrer sein“, verrät sie. Ganz gleich, ob Lehrer oder Arzt: Mit Erste-Hilfe-Wissen werden Fiona, Hans und die anderen Kinder vielleicht einmal Lebensretter.
Text: Marina Schröder-Heidtmann